Deutschland

In Deutschland sind 90 Prozent der Bevölkerung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Die GKV besteht aus über 100 gemeinnützigen Trägern, den Krankenkassen, die als Körperschaften öffentlichen Rechts organisiert sind und untereinander im Wettbewerb stehen (Commonwealth Fund 2020e). Zehn Prozent der Bevölkerung sind in der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert, wobei Beamte und Selbstständige pflichtversichert sind und Angestellte ab Erreichen einer festgesetzten Einkommensgrenze die Wahl haben, von der GKV in die PKV zu wechseln. 

Die gesundheitspolitische Entscheidungsgewalt liegt bei der Bundesregierung, den Bundesländern und selbstverwalteten Organisationen der Kostenträger und Leistungserbringer. Regelungen zur Direktfinanzierung und Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen werden im deutschen Gesundheitssystem an Gremien der Selbstverwaltung innerhalb der Krankenkassen und Organisationen der Leistungserbringer übertragen, die zusammen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bilden. Der G-BA trifft die Entscheidung, welche Leistungen von den Krankenkassen finanziert werden müssen, und legt Maßnahmen zur Qualitätssicherung für Leistungserbringer fest. Der G-BA wird unterstützt vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), das die Kosteneffizienz von Arzneimitteln und Medizinprodukten bewertet, und vom Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), das für stationäre und die sektorenübergreifende Qualitätssicherung zuständig ist. 

Die meisten Universitätskliniken und etwa 50 Prozent aller Krankenhausbetten befinden sich in öffentlicher Trägerschaft. Etwa ein Sechstel aller Betten wird von privaten, gewinnorientierten Krankenhäusern bereitgestellt. Die Anzahl ist in den letzten Jahren gestiegen (a.a.O.). Im Jahr 2017 hatte Deutschland 80 Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner (Statistisches Bundesamt 2020). Das entspricht einem Rückgang um zwölf Prozent gegenüber dem Jahr 2000 (WHO 2020). 

Maßnahmen zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern haben schrittweise zugenommen und eine Entwicklung von freiwilligen Initiativen hin zu obligatorischen Auflagen wurde vollzogen: Im Jahr 2001 wurde ein gesetzliches Qualitätssicherungssystem eingerichtet, die externe Qualitätssicherung (EQS) (Deutsches Ärzteblatt 2014). Die Grundlage bilden die Richtlinie über Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern (QSKH-RL) sowie die Richtlinie über einrichtungs- und sektorenübergreifende Maßnahmen der Qualitätssicherung (QESÜ-RL), die vor Kurzem von der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) abgelöst wurde. Die QSKH-RL verpflichtet alle Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung, einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen (§ 135a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V). Die Krankenhäuser erstellen jährliche Qualitätsberichte mit über 200 Indikatoren für die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität auf Krankenhaus- oder Abteilungsebene bei etwa 25 Diagnosen oder Verfahren (21 davon auf Grundlage der QSKH-RL) (IQTIG 2020). Aggregierte, anonymisierte Daten werden zentral vom IQTIG ausgewertet und in einem Jahresbericht zusammengefasst. 

Umsetzung von PROMs 

Die Bewertung und Verbesserung der Versorgungsqualität stellen seit den 1990er Jahren einen Schwerpunkt der gesundheitspolitischen Agenda in Deutschland dar. In letzter Zeit sind die Versorgungs- und Ergebnisqualität aus Patientensicht – und damit PROMs – zunehmend in den Fokus gerückt: International renommierte Beispiele haben die Einführung bei etlichen Versorgern und Indikationen wie bei der Martini-Klinik Hamburg für Prostatakrebs und bei den Schön Kliniken für orthopädische Eingriffe sowie die politische Debatte über eine leistungserbringerübergreifende Umsetzung beflügelt. Es gibt bereits erste Rahmenvereinbarungen, wie die Qualitätsverträge sowie öffentliche Förderbudgets (z.B. der G-BA Innovationsfonds), mit denen die Umsetzung auf Versorgerebene gefördert werden soll. Aber in Ermangelung einer landesweiten Richtlinie mit ausdrücklich vorgeschriebener Erfassung und Anwendung von PROMs wird die deutsche PROMs-Landschaft bisher von einer wachsenden Zahl von Bottom-up-Initiativen dominiert, deren Bündelung von einigen wenigen Akteuren angeschoben wird. 

Im Jahr 2019 untersuchte die Initiative Qualitätsmedizin (IQM) in einer Umfrage unter ihren 490 Mitgliedern in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Umsetzung von PROMs (IQM 2019): Dabei zeigte sich, dass etwa 28 Prozent der 367 antwortenden Krankenhäuser PROMs laut eigener Angabe bereits umgesetzt hatten. Laut Umfrage ist der Prozentsatz von PROMs-Anwendern am höchsten in Universitätskliniken (42 Prozent) und privaten Krankenhäusern (36 Prozent). Leistungserbringer nutzen zur Bewertung der PROs mehrheitlich eigene Fragebögen oder Instrumente (38 Prozent der PROMs-Anwender) oder eine Kombination publizierter und eigener Instrumente (34 Prozent). Lediglich ein kleiner Teil der Befragten gab an, ICHOM- oder PROMIS-Standardsets (6 Prozent) bzw. die von Fachgesellschaften empfohlenen und bereitgestellten Instrumente (13 Prozent) einzusetzen. 

Laut Heartbeat Medical, einem auf PROMs spezialisierten deutschen IT-Anbieter, erfassen derzeit über 200 deutsche Versorger bzw. Abteilungen PROMs mit der digitalen Lösung des Unternehmens. Bei den meisten dieser Umsetzungs- und Forschungsinitiativen handelt es sich um Pilotprojekte unter ärztlicher Leitung, die von der Krankenhausverwaltung unterstützt werden und durch wissenschaftliches Interesse (z.B. in Universitätskliniken) oder – seitens privater Leistungserbringer – durch die Aussicht auf einen möglichen Wettbewerbsvorteil motiviert sind. 

Einige Krankenhäuser, die bereits Erfahrungen mit der Erfassung und Integration von PROMs in der klinischen Praxis sammeln konnten, haben sich in leistungserbringerübergreifenden und vom Innovationsfonds unterstützten Pilotprojekten, wie PROMoting Quality im Bereich Gelenkersatz und PRO-B im Bereich Brustkrebs zusammengefunden (BMG 2019). Der Innovationsfonds ist ein gesundheitspolitisches Instrument zur Förderung der Versorgungsforschung und Innovation, der 2015 eingerichtet wurde. 

Ein weiteres groß angelegtes, versorgerübergreifendes Pilotprojekt für die Erfassung und den Vergleich von PROMs-Daten wurde 2018 von den 4QD-Qualitätskliniken.de GmbH (4QD), dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Bereich Rehabilitation von Patienten nach Hüft- oder Kniegelenkersatz und mit Rückenschmerzen eingeleitet (Preuß 2019). 4QD betreibt ein Webportal für das Public Reporting von Behandlungsergebnissen und Krankenhausvergleichen anhand von fünf Qualitätsdimensionen (medizinische Versorgungsqualität, Patientensicherheit, Patientenzufriedenheit, Zufriedenheit der überweisenden Ärzte und Ethik). Eine sechste Dimension wurde vor Kurzem neu hinzugefügt: Mit Stand 2020 ist 4QD die erste Organisation in Deutschland, die indikationsbezogene Qualitätsdaten auf Basis von PROMs für etliche Anbieter bewertet und veröffentlicht. In einer ersten Pilotstudie wurden Ergebnisse aus 24 Reha-Einrichtungen ausgewertet. Die Kliniken erfassten mithilfe von Instrumenten, die von internationalen Experten empfohlen werden, PRO-Daten von 3048 Patienten bei der Aufnahme und am Ende des Reha-Aufenthalts (Neudam 2020). Eine Risikoadjustierung wurde durchgeführt. Um PROMs zwischen den teilnehmenden Kliniken zu vergleichen, wurde ein einfacher Indexwert, der Patient-Reported Outcome Quality Index (ProQI), entwickelt. Ergebnisse der ersten Pilotstudie wurden im Februar 2020 veröffentlicht. Sie zeigten positive Auswirkungen der Rehabilitation auf PROs bei den Bereichen Hüftgelenkersatz, Kniegelenkersatz und chronische Rückenschmerzen auf (Schulz 2020). Die Analyse ergab außerdem signifikante Unterschiede bei der Ergebnisqualität zwischen einzelnen Rehakliniken. Teilnehmende Einrichtungen erhielten einen ausführlichen Bericht. Auf der Website Qualitätskliniken.de kann ein Studienbericht mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse abgerufen werden. 

Die neue Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung DeQS-RL kann als erster Ansatz in Richtung bundesweiter PROMs-Anwendung angesehen werden: Unter anderem verfolgt die DeQS-RL das Ziel, „Patientensicherheit und Patientenorientierung zu stärken“ sowie „valide und vergleichbare Erkenntnisse über die Versorgungsqualität der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer zu gewinnen“ (Gemeinsamer Bundesausschuss 2019). Ergebnisse systematischer Befragungen von Patienten, die deren Sicht auf die Behandlungserfahrung (PREMs) und Behandlungsergebnisse (PROMs) berücksichtigen, sollten in Zukunft als zusätzlicher Indikator in die Qualitätsbewertung von Versorgungsleistungen einbezogen werden. Die Regelungen der DeQS-RL zur Patientenbefragung zu PCI sollten zum 1.1.2021 in Kraft treten, sind gemäß dem Beschluss des G-BA vom 17.12.2020 aufgrund der Corona-Pandemie jedoch wieder aufgehoben worden. 

Krankheitsbilder und Therapiegebiete im Fokus 

Bei der ersten versorgerübergreifenden PROMs-Erfassung und -Gegenüberstellung im Rahmen eines groß angelegten Pilotprojekts der 4QD, des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) waren folgende Bereiche einbezogen: Rehabilitation von Orthopädiepatienten (Knie-, Hüft-, Wirbelsäulenerkrankungen) sowie von Krebs- und psychosomatischen Patienten mit diagnostizierter Angst und Depression in 4QD-Mitgliedskrankenhäusern (Preuß 2019). In einer Umfrage, die die Initiative Qualitätsmedizin im August 2019 unter ihren 490 Mitgliedern durchführte, erwies sich die Onkologie als Hauptanwendungsgebiet für die Erhebung von PROMs auf Abteilungs- oder Versorgerebene (IQM 2019): 65 der 136 Mitgliedskrankenhäuser gaben an, PROMs in diesem Indikationsgebiet einzusetzen. Dabei wurden PROMs am häufigsten im Bereich Brustkrebs erhoben (24 von 65 Krankenhäusern), gefolgt von Darmkrebs (17 Krankenhäuser) und Prostatakarzinom (15 Krankenhäuser). Orthopädie und Traumatologie wurden in der IQM-Umfrage am zweithäufigsten als PROMs-Anwendungsbereiche genannt (51 der 136 Mitgliedskrankenhäuser). Gelenkersatz und Schmerzen waren dabei insgesamt die häufigsten Indikationsgebiete für die PROMs-Erfassung (jeweils 27 Krankenhäuser). Weitere Indikationen fallen zusammengefasst in den Bereich der Viszeralchirurgie. Die Ergebnisse der Umfrage stimmen mit den Feststellungen einer Literaturrecherche für diesen Bericht überein: PROMs-Initiativen und -Forschungsprojekte liefen am häufigsten im Gebiet der Onkologie und Orthopädie, gefolgt von PROMs-Anwendung im Bereich psychosomatische Medizin und psychische Gesundheit. Indikationsgebiete, für die laut DeQS-Richtlinie Patientenbefragungen einschließlich PROMs vorgesehen sind, umfassen perkutane Koronarintervention und Koronarangiographie, Nierenersatztherapie, ambulante Psychotherapie und Entlassungsmanagement. 

Formen der PRO-Datennutzung 

Da die Umsetzung von PROMs gegenwärtig vor allem im Kontext von Pilot- und Forschungsprojekten erfolgt, werden PROMs aktuell vor allem auf Leistungserbringerebene verwendet: PROMs werden aktuell von bestimmten Abteilungen, Krankenhäusern und Krankenhausnetzwerken eingesetzt, um mithilfe intensiverer Symptomscreenings und -monitorings, verbesserter Kommunikation und gemeinsamer Entscheidungsfindung eine mehr am Patienten orientierte Gesundheitsversorgung und die Einbindung von Patienten zu fördern. So starteten im Jahr 2014 Ärzte an der Schön Klinik Neustadt mit der Nutzung von PRO-Instrumenten wie des EQ-5D– und des WOMAC-Fragebogens zur Erhebung von PROMs bei der Aufnahme von Patienten sowie drei und zwölf Monate nach einem Gelenkersatz (Kaplan, Witkowski und Hohman 2014). Die Ergebnismessung erfolgt auch während der Rehabilitation, um Verbesserungen im gesamten Behandlungspfad zu bewerten und nachzuverfolgen. Zweimal jährlich kommt eine standortübergreifende Orthopädie-Expertengruppe zusammen, um über die Ergebnisqualität zu sprechen und bei Bedarf Erfassungsinstrumente zu präzisieren. Ebenfalls zweimal im Jahr gibt die Praxisgruppe auf Basis der PROMs-Ergebnisse und -Analysen Empfehlungen für die Behandlungsprotokolle in allen Schön Kliniken heraus. 

In Projekten des Innovationsfonds wie PRO-B und PROMoting Quality wird die Anwendung von PROMs untersucht, um im Falle einer Verschlechterung berichteter Behandlungsergebnisse bei einzelnen Patienten gezielte Interventionen einleiten zu können (Kuklinski et al. 2020). 

Neben den Projekten des Innovationsfonds werden aggregierte PROMs-Daten derzeit hauptsächlich zur internen Qualitätssicherung und Untersuchung auf bestimmte Merkmale oder Symptome sowie zur Evidenzsuche für Best Practices in klinischen Studien eingesetzt. Nur wenige Versorger wie etwa die Martini-Klinik veröffentlichen aggregierte PRO-Daten selbst auf ihrer Website (Martini-Klinik Hamburg o.D.b). 

Das Interesse an der Nutzung aggregierter PRO-Daten für die Bewertung von Versorgungsqualität, für Benchmarking und zur externen Qualitätssicherung nimmt zu: So soll etwa mit der aktuellen PROMs-Initiative der 4QD im Bereich Rehabilitation die Transparenz innerhalb des Sektors gefördert und risikoadjustiertes Benchmarking ermöglicht werden (Preuß 2019). Eine erste Pilotstudie im Bereich Rehabilitation bei Patienten mit den Indikationen Hüft- oder Kniegelenkersatz und Rückenschmerzen wurde im Februar 2020 abgeschlossen. Die Einführung in anderen Indikationsgebieten ist geplant. Die IQM hatte im Jahr 2020 in ihrer Mitgliedsbefragung zur aktuellen PROMs-Anwendung und Nachfrage das Interesse an PROMs für Benchmarking beziffert (IQM 2019): Eine solche Nutzung von PROMs wird von etwa 83 Prozent aller Umfrageteilnehmer (und 51 Prozent derjenigen, die PROMs zurzeit nicht verwenden) als wichtig wahrgenommen. Mit einer im Jahr 2021 unterzeichneten Rahmenvereinbarung mit dem deutschen IT-Anbieter Heartbeat Medical trägt die IQM diesem wachsenden Interesse Rechnung. Knapp 500 IQM-Mitgliedskrankenhäuser in Deutschland und der Schweiz haben mit Inkrafttreten der Vereinbarung Zugang zu einer digitalen Plattform für die standardisierte Erfassung von PROMs und CROMs, die unter anderem ein landesweites und länderübergreifendes Qualitätsbenchmarking ermöglicht (Heartbeat Medical 2021). 

Die Nutzung von PROMs zur ergebnisorientierten Vergütung (P4P) wie zum Beispiel BP wird auf Versorgerebene untersucht. Beispielsweise hat die Martini-Klinik, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und „Integrated Praxis Unit“ (IPU) mit Spezialisierung auf Diagnose und Behandlung des Prostatakarzinoms, in den Jahren 2007 bis 2009 mit den fünf größten deutschen Krankenkassen Verträge über integrierte Versorgung ausgehandelt (Porter, Deerberg-Wittram und Feeley 2019). Gemäß diesen Vereinbarungen konnte die Martini-Klinik gesetzlich versicherte Patienten behandeln, erhielt dafür aber 0,5 Prozent weniger als die übliche DRG-Pauschale für Prostatakrebstherapie. Zudem verpflichtete sich die Martini-Klinik zu einer hohen Versorgungsqualität und zur Einhaltung festgesetzter Qualitätsziele, wie zum Beispiel einer Harnkontinenz von über 95 Prozent und einer Erhaltung der erektilen Funktion bei über 97 Prozent der Patienten. Wenn diese Ziele nicht erreicht werden, können die Krankenkassen Untersuchungen einleiten. Für internationale Patienten wurde ein Gesamtpaket zusammengestellt, das alle ambulanten und stationären Leistungen der Martini-Klinik sowie den operativen Eingriff beinhaltet. 

Seit 2016 werden in Deutschland die Auswirkungen vereinbarter Anreizsysteme und Qualitätsanforderungen auf die Qualität der stationären Versorgung im Rahmen von Qualitätsverträgen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern erprobt. Diese Qualitätsverträge können explizit auch PROMs-Befragungen enthalten. Die Vergütung kann an vereinbarte Qualitätsziele, wie zum Beispiel PRO, geknüpft sein. 

Im November 2019 schloss die BARMER, eine der größten gesetzlichen Krankenkassen, einem Qualitätsvertrag mit dem Deutschen Zentrum für Orthopädie an den Waldkliniken Eisenberg ab (Deutsches Ärzteblatt 2019b). Zu Beginn und nach der Behandlung wird die Lebensqualität der Patienten bewertet. Die Schmerzintensität wird im gesamten Behandlungsverlauf dokumentiert. Zudem erfolgt ein standardisiertes präoperatives Screening auf Begleiterkrankungen wie Diabetes, Anämie oder Depressionen, die das Komplikationsrisiko erhöhen. Individuelle Merkmale der Patienten werden dokumentiert, um vor dem Eingriff möglichst optimale Voraussetzungen zu schaffen oder andere Behandlungsoptionen vorzuschlagen – vorausgesetzt, die Erkrankung lässt eine konservative Behandlung zu. Die Krankenhäuser erhalten eine zusätzliche Pauschale von 150 Euro pro Patient für dieses erweiterte Screening, um eine Verbesserung der Indikationsqualität zu fördern. 

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) hat ebenfalls damit begonnen, PRO-Daten in seine Bewertungen der Wirksamkeit oder Sicherheit neuer Produkte einzubeziehen. Die Bedeutung von Evidenzdaten aus der klinischen Praxis für die laufende Gesundheitstechnologiebewertung nach der Marktzulassung nimmt zu. Diese Entwicklungen bestärken das Interesse der Pharma- und Medizintechnikbranche an PROMs. In registerbasierten Studien können PROMs beispielsweise zusammen mit ärztlichen Ergebnissen eingesetzt werden, um den Zusatznutzen neuer Produkte zu beurteilen (DIMDI 2011). Eine Studie zur Untersuchung der Integration von PROMs in AMNOG-Bewertungen und deren Einfluss auf Entscheidungen des G-BA bis 2016 ergab, dass PROMs bei 60 Prozent aller Subgruppen angewendet wurden (Borchert et al. 2016). Die gebräuchlichsten Instrumente waren die Fragebögen SF-36, EORTC QLQ und EQ-5D. Laut der Studie kann die Einbeziehung von PRO-Daten in AMNOG-Dossiers die Bewertung eines Zusatznutzens positiv beeinflussen und anschließende Preisverhandlungen unterstützen. 

Herausforderungen 

Trotz der wachsenden Zahl von Pilotprojekten auf Versorgerebene und der leistungserbringerübergreifenden Nutzung von PROMs zur Qualitätsmessung und -transparenz durch Organisationen wie 4QD und IQM sowie des zunehmenden Interesses an patientenzentrierter Gesundheitsversorgung und Qualität ist das Engagement für PROMs auf Systemebene noch wenig entwickelt. Bei der von staatlicher Stelle organisierten Qualitätsbewertung von Kliniken (durch das IQTIG) richtet sich der Fokus nach wie vor größtenteils auf Verfahrens- oder Infrastrukturindikatoren bzw. klinische Ergebnisqualität. 

In Ermangelung einer landesweiten IT-Plattform bzw. geeigneter PRO-Instrumente, die für alle Leistungserbringer kostenlos zugänglich sind, werden PROMs als aufwendig und ressourcenintensiv wahrgenommen. Die Integration digitaler Lösungen durch private IT-Anbieter kann kostspielig sein. Für die Einrichtung von Schnittstellen, die eine Interoperabilität zwischen digitalen PRO-Instrumenten mit dem IT-System des Krankenhauses ermöglichen, werden hohe Gebühren verlangt. Bedenken in Bezug auf den Datenschutz und die Einhaltung von Bestimmungen wie der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) wurden in Experteninterviews als weitere hinderliche Faktoren erwähnt. 

Da die Erfassung von PROMs derzeit nicht über die Regelversorgung vergütet wird, müssen die Kosten der Umsetzung und Durchführung von den Versorgern selbst getragen werden. Im Gegensatz dazu werden in Pilotprojekten der Mehraufwand und die nötige Infrastruktur über Qualitätsverträge oder den Innovationsfonds finanziert, allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum. Die Effektivität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit von PROMs-Anwendungen im großen Maßstab sind in Deutschland noch nicht erfolgreich demonstriert worden. Zudem wird die Umsetzung durch die Unsicherheit über einzusetzende Instrumente und Standardsets erschwert. 

Die in den Interviews benannten Herausforderungen werden durch die Ergebnisse der IQM-Befragung von 2019 bestätigt (IQM 2019): Von den 221 Mitgliedern, die gegenwärtig keine PROMs anwenden, schätzten etwa 37 Prozent diese als (noch) nicht relevant ein und etwa 24 Prozent nahmen PROMs als zu arbeitsintensiv wahr. Von den Umfrageteilnehmern vorgebrachte Hürden für eine PROMs-Implementierung waren Personal- und Ressourcenmangel, mangelnde Kompetenz in diesem Bereich und fehlende Standards oder Vereinbarungen über einzusetzende Instrumente. 

Erfolgsfaktoren 

Da zahlreiche PROMs-Initiativen auf Versorgerebene noch in einer frühen Phase sind, lassen sich Erfolgskonzepte für die Umsetzung von PROMs von den am weitesten fortgeschrittenen Pionierinitiativen in diesem Bereich ableiten. Leuchtturmprojekte wie die auf Prostatakrebs spezialisierte Martini-Klinik (Porter, Deerberg-Wittram und Feeley 2019) oder die auf psychische und orthopädische Erkrankungen spezialisierte Privatklinikgruppe Schön Kliniken (Kaplan et al. 2014) haben mit ihren Behandlungsergebnissen, die unter anderem mit PROMs bewertet werden, internationale Anerkennung gefunden. In beiden Einrichtungen arbeiten Ärzte daran, ihren Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten und die Verwirklichung dieses Ziels zu messen. Zu diesem Zweck mussten Indikatoren gewählt werden, die die Behandlungsergebnisse von Patienten adäquat wiedergeben. In der Datenbank der Martini-Klinik ist im Laufe von 15 Jahren ein erhebliches Datenvolumen erfasst und zusammengeführt worden. Dabei handelt es sich sowohl um klinische Daten als auch um PROMs. Im Jahr 2019 führte die Martini-Klinik etwa 30.000 Fälle in ihrem Datensystem (Katz 2020). Die Analyse der erfassten PRO-Daten und klinischen Daten lässt Schlussfolgerungen für die Verbesserung der Ergebnisqualität zu. In der Martini-Klinik wie auch in den Schön Kliniken ist die Ergebnisqualität regelmäßig Thema von Besprechungen und wird für Entscheidungen über Veränderungen von Behandlungsprotokollen herangezogen. Ein internes Benchmarking bezieht auch die einzelnen Ärzte ein. Die Martini-Klinik veröffentlicht aggregierte Daten und ein internationales Benchmarking auf ihrer Website. Beide Klinik-Beispiele verdeutlichen, dass die Integration von PROMs in den klinischen Alltag eine Kultur der Transparenz und eine starke Betonung des Austauschs von Best Practices zu kontinuierlichen Verbesserungen der Versorgungsqualität führen können. 

Weitere Erfolgsfaktoren können die über 200 Versorger oder Abteilungen, die die digitale PROMs-Lösung von Heartbeat Medical nutzen, beisteuern: Die erfolgreiche Umsetzung von PROMs auf Versorgerebene setzt häufig das Engagement von ärztlichen Führungspersonen und seitens des Klinikmanagements voraus. Die Einführung von PROMs wird sehr stark durch wissenschaftliches Interesse (z.B. in Universitätskliniken) und die Aussicht auf Wettbewerbsvorteile (bei privaten Versorgern) beflügelt. 

Das Interesse seitens der Politik und anderer Stakeholder an PRO hat in den vergangenen Jahren ebenfalls zugenommen: Neben Versorgern beginnen auch Krankenkassen, PROMs als Dimension der Versorgungsqualität zu testen. Das äußert sich in Form von Qualitätsverträgen oder Innovationsfonds-Projekten. Laut ehemaligem ICHOM-Präsidenten und Geschäftsführer der RoMed Kliniken Dr. Jens Deerberg-Wittram haben sich im letzten Jahrzehnt drei begünstigende Faktoren für eine großflächige Einführung von PROMs herauskristallisiert: Erstens eröffnen Digitalisierung und der weitverbreitete Gebrauch mobiler Geräte neue Möglichkeiten für die Erfassung und Verwendung von PRO-Daten. Insbesondere die COVID-19-Pandemie hat den potenziellen Nutzen digitaler Gesundheitslösungen für Patienten verdeutlicht. Zweitens nehmen die Sensibilisierung für PROMs und die wahrgenommene Relevanz von PROMs zu und PROMs sind in Fachgebieten wie der Orthopädie und der Krebstherapie mittlerweile anerkannte Instrumente. Und drittens ermöglichen es Qualitätsverträge und der Innovationsfonds Leistungserbringern und Krankenkassen in Deutschland, die erforderliche PROMs-Infrastruktur einzurichten und Erfahrungen mit der PRO-Datennutzung zu sammeln. 

Dennoch sind nach wie vor etliche Aufgaben zu bewältigen, um PROMs erfolgreich von der Versorger- zur Systemebene zu überführen. In den Interviews angesprochene Herausforderungen sowie benannte Erfolgsfaktoren oder vorgeschlagene Lösungen sind in der Tabelle unten aufgelistet. Hinzu kommen Themen, die im Rahmen der IQM-Befragung zu PROMs (IQM 2019) zur Sprache kamen. Krankenhäuser, die noch keine PROMs verwenden, gaben folgende Punkte als wichtige die Implementierung befördernde Faktoren an: Mittelzuweisung für PROMs (zusätzliches Personal, Instrumente), IT-Support und Wissensvermittlung, bessere Evidenz für die Validität und den Nutzen von PROMs sowie Vergleichbarkeit von Ergebnissen und ein standardisierter Ansatz. Außerdem vorgetragen wurde der Bedarf nach leicht anwendbaren, effizienten digitalen Lösungen für PROMs, die den zusätzlichen Verwaltungsaufwand auf ein Minimum beschränken und gleichzeitig rasch verfügbare und aussagekräftige Ergebnisse für die klinische Anwendung bereitstellen. Die IQM-Umfrageteilnehmer äußerten auch ein großes Interesse an einer Top-down-Unterstützung der PROMs-Umsetzung und forderten eine Koordinierung mit Fachgesellschaften sowie eine wissenschaftliche Begleitung. Letztlich wurde unter deutschen Experten betont, dass die Nutzung von PROMs für die Verbesserung der Arzt-Patienten-Kommunikation, der Selbsteinschätzung und Kontrolle von Patienten und der Versorgung ausgebaut werden sollte und dass Messen allein nicht mehr ausreicht. 

Herausforderungen der Umsetzung  Erfolgsfaktoren und vorgeschlagene Strategien 
PROMs-Umsetzung im klinischen Sektor ist zersplittert, über 30 Prozent sind noch nicht vom Mehrwert überzeugt  » Einführung von Instrumenten, die für Ärzte und Patienten leicht anwendbar sind und direkt aufzeigen, was für diese Interessengruppen relevant ist. 

» Stärkere Beteiligung von Fachgesellschaften und Ärzteverbänden durch Einführung von PROMs in Registern und Werbung für PROMs. 

» Mehr Steuerung und ein systemweiter Ansatz, um Zersplitterung im PROMs-Bereich zu verhindern. 

PROMs-Fragebögen: zu viele Fragen, Wiederholungen für multimorbide Patienten,  zu allgemein  

 

Unsicherheit in Bezug auf beste Wahl für Fragebögen/Standardsets 

» Top-down-Erstellung eines Rahmengerüsts für PROMs-Fragebögen mit 7 bis 8 Dimensionen, die für Patienten und Ärzte relevant sind und zugleich Vergleiche ermöglichen. 

» Leitlinien sollten den Einsatz der PROMs-Fragebögen in bestimmten Indikationsgebieten empfehlen; für die Integration in klinische Behandlungspfade sollte es konkrete Empfehlungen geben. 

PRO-Instrumente: 
Anwendungen für Mobilgeräte könnten ältere Menschen ausschließen   Niedrige Nachverfolgungsraten 
» Option für Verteilung von Fragebögen über E-Mail (mit der Möglichkeit des Fragebogenversands an Familienangehörige). 

» E-Mail mit Fragebogen oder Erinnerungen von der Adresse des behandelnden Arztes /Krankenhauses (dem Patienten bekannt) anstatt von der Adresse des IT-Anbieters. 

» Gespräch über PRO-Ausgangsbewertung bei erster Konsultation, um den Nutzen der PROMs-Ergebnisse hervorzuheben: führt zu höheren Nachverfolgungsraten. 

PROMs-Erfassung und -Nutzung: 
Fehlende Erfahrung mit Integration von PROMs in klinische Abläufe und Nutzung der Ergebnisse 
» Integration in Arbeitsabläufe braucht Unterstützung durch Experten mit guter Kenntnis der klinischen Abläufe sowie Erfahrung in der Nutzung von PROMs, die die nötige Zusammenarbeit von Beteiligten (Ärzten, Pflegepersonal, Verwaltung) koordinieren können. 

» Schulungen für Ärzte und medizinische Fachkräfte zur Nutzung von PRO-Instrumenten und -Ergebnissen. 

» Digitale Anwendungen (z.B. DIGAs), die über die vereinfachte Erhebung von PROMs hinaus eine Integration von PROMs Ergebnissen in Behandlungsabläufe unterstützen, zum Beispiel durch Benachrichtigung an behandelnde Ärzte bei Überschreiten festgelegter Schwellwerte oder durch das regelmäßige Zurückspielen der PRO-Werte an Patienten (z.B. longitudinale Daten und Daten im Vergleich mit einer Peer-Gruppe). 

IT-Infrastruktur: 
Jeder Versorger wählt und finanziert Plattform/digitale Lösung für PROMs individuell, Schnittstellen sind oft schwierig und kostspielig 
» Einführung eines verpflichtenden Aufbaus von Schnittstellen im Gesundheitssystem (zwischen verschiedenen IT-Systemen und digitalen PRO-Instrumenten). 

» Einrichtung einer nationalen Plattform oder eines PROMs-Registers zur Erfassung und Weitergabe aggregierter PRO-Daten für Forschung/Benchmarking. 

Mangelnde Anreize und finanzielle Unterstützung für den Aufbau einer PROMs-Infrastruktur und die nachhaltige Erfassung von Behandlungsergebnissen  » Anreize für die PROMs-Erfassung/finanzielle Unterstützung für PROMs-Infrastruktur müssen bereitgestellt werden. 

» Qualitätsverträge und Innovationsfonds können PROMs-Umsetzung fördern: durch Mittelzuweisung in IT-Systeme oder finanzielle Anreize für bessere Behandlungsergebnisse mithilfe von PROMs als relevante Dimension. 

» Ein weiterer Anreiz für PROMs könnte die Sichtbarkeit der hohen Versorgungsqualität sein, die durch die Transparenz der erreichten Ergebnisse entsteht (z.B. in nationalen PROMs-Registern oder im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens der Fachgesellschaften) 

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