England

England, wo 80 Prozent der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs leben, hat mit dem National Health Service (NHS) ein nationales, steuerlich finanziertes Gesundheitssystem. Zuständig für die Gesundheitspolitik sind das britische Parlament und das Gesundheitsministerium. Die laufende Verantwortung für den NHS obliegt NHS England, einer Regierungsbehörde, die unabhängig vom Gesundheitsministerium arbeitet. Die Care Quality Commission (CQC) gewährleistet die Einhaltung der staatlich aufgestellten Sicherheits- und Qualitätsstandards. 

Krankenhäuser sind meist in öffentlicher Hand und werden entweder durch NHS-Stiftungen mit Rechenschaftspflicht gegenüber dem Gesundheitsministerium oder als von NHS Improvement regulierte Stiftungen treuhänderisch verwaltet. Die Anzahl öffentlicher Krankenhausbetten wurde in den letzten Jahren kontinuierlich reduziert und lag 2019 bei 141.000. Das entspricht 21,1 Betten pro 10.000 Einwohner, ein Rückgang um etwa 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 (WHO 2020). Unabhängige Versorger in den Sektoren (Independent Sector Providers, ISP) decken mit einer Bettenzahl von ca. 8.900 nur einen kleinen Teil der Gesundheitsleistungen ab, haben aber einen wachsenden Anteil an bestimmten elektiven Eingriffen wie zum Beispiel Hüftgelenkersatz, Hernienoperationen und Kataraktoperationen (Stoye 2019). Darüber hinaus gibt es in NHS-Krankenhäusern auch private Betten, deren Anzahl sich auf 1.140 beläuft (Commonwealth Fund 2020d). 

Umsetzung von PROMs 

 

Der Stafford-Krankenhaus-Skandal 2007, bei dem vermeidbare hohe Mortalitätsraten zutage traten, hatte Forderungen nach strengeren Qualitätskontrollen von Leistungserbringern zur Folge. Seitdem führt die Care Quality Commission (CQC) Einzelprüfungen von Kliniken im ganzen Land durch. Diese wurden mittlerweile zugunsten alternativer Ansätze wie etwa verbesserter Qualitätsberichterstattung reduziert, die nutzenorientierte Versorgung einschließlich von PROMs ermöglichen sollen. Wie in seinem Langzeitplan 2019 festgelegt, strebt der NHS nun eine bessere Nutzung von Daten und digitalen Technologien an, namentlich zur Verbesserung der integrierten Versorgung. 

Das Gesundheitsministerium hat 2009 für vier chirurgische Verfahren eine obligatorische Erfassung von PROMs angeordnet: Hüft- und Kniegelenkersatz, Hernienoperation und die Behandlung von Varikosen (Krampfadern). Damit war England weltweit das erste Land, das auf nationaler Ebene eine obligatorische PRO-Messung eingeführt hat. Die Umsetzung erfolgte schrittweise: Zunächst wurden präoperative, ein Jahr später dann postoperative Daten erfasst. Im April 2013 übernahm NHS England die Zuständigkeit für das nationale PROMs-Programm vom Gesundheitsministerium. Seitdem trifft es die Entscheidung darüber, welche Indikationen einbezogen und welche Fragebögen zur Beurteilung verwendet werden. Eine eigenständige Unterorganisation, NHS Digital, ist mit der Analyse und Veröffentlichung der nationalen PRO-Daten auf ihrer Website betraut. Im Allgemeinen werden PROMs von privaten Auftragnehmern papierbasiert gesammelt und anschließend in den Computer übertragen. Die Daten werden jeden Monat an NHS Digital übermittelt. 

Anbieter wie zum Beispiel NHS Trusts können sich zertifizieren lassen und PROMs-Daten selbst erfassen oder einen anerkannten PRO-Datenlieferanten beauftragen. Da die Berichterstattung von PROMs im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz obligatorisch ist, müssen alle öffentlichen sowie unabhängigen Versorger PROMs von betroffenen Patienten erfassen und ihre Daten an NHS Digital melden. Patienten sind nicht verpflichtet, diese Formulare auszufüllen und NHS Digital veröffentlicht ausschließlich an den Fall-Mix (Case-Mix) angepasste Ergebnisdaten für Organisationen mit einer repräsentativen Anzahl fertiggestellter PRO-Datenpunkte. 

Neben der nationalen Berichterstattung für bestimmte Krankheitsbilder werden PROMs in verschiedenen Pilotprojekten und Versorgungsnetzwerken auch für weitere Indikationsgebiete sowie nationale Register eingesetzt. Trotz des Interesses an der Anwendung von PROMs bei verschiedenen Versorgungsformen hat der politische Impuls, der 2009 zur nationalen PROMs-Umsetzung führte, zu einem gewissen Grad nachgelassen. Stattdessen sind mehr Bottom-up-Initiativen entstanden. Weitere politische Maßnahmen im Bereich PROMs wurden in England durch ständige Veränderungen der Gesundheitsinfrastruktur und der Zuständigkeiten erschwert. 

Krankheitsbilder und Therapiegebiete im Fokus 

 

Indikationsgebiete, für die in England seit 2009 landesweit PROMs erhoben werden, umfassen Hüft- und Kniegelenkersatz sowie Hernien- und Varikosebehandlung. Nach einer Anhörung von Experten durch NHS England 2016 wurde die Erfassung von Daten zu den beiden letztgenannten Verfahren im Oktober 2017 eingestellt (NHS England 2017). Begründet wurde dieser Schritt zum einen damit, dass Krampfadern nicht häufig sind und gewöhnlich für Patienten keine größeren negativen Folgen haben. Bei Hernienoperationen andererseits wurden das Fehlen krankheitsspezifischer PROMs sowie die Tatsache, dass chirurgische Eingriffe eher das Risiko für Notfallbehandlungen verringern, als Symptome lindern, als Gründe für die Einstellung benannt. 

Bei der Expertenanhörung 2016 wurden zwei große klinische Bereiche als besonders wichtig für die künftige PRO-Erfassung herausgestellt: Krebs und chronische Krankheiten. Ebenfalls, wenn auch weniger häufig, werden die Bereiche Trauma, Diabetes, psychische Störungen und Koronar-/Gefäßerkrankungen angeführt. 

Neben NHS England haben auch andere Organisationen Projekte zur PRO-Erfassung in weiteren Indikationsgebieten in die Wege geleitet. So gibt es etwa Bestrebungen seitens des National Cancer Registration and Analysis Service (NCRAS), routinemäßig erhobene Daten mit PROMs zu verknüpfen. Ein anderes Beispiel ist die PRO-Erfassung für rheumatoide Arthritis durch die British Society for Rheumatology und die Integration von PRO-Fragebögen im Bereich psychischer Gesundheit bei King’s Health Partners London. 

Formen der PRO-Datennutzung 

PRO-Daten werden aktuell vorwiegend in Form von Public Reporting und Datenüberwachung via NHS Digital genutzt. Hauptergebnisse für PRO-Erhebungen werden jeden Monat veröffentlicht; detailliertere Daten werden vierteljährlich zur Verfügung gestellt. Die veröffentlichten Daten gelten bis zum Ablauf eines vollen Jahres als vorläufig. Der PRO-Datenbericht wird jedes Jahr im Februar herausgegeben. Die Daten werden in verschiedenen Formen wie etwa in einem Mapping-Tool, einem interaktiven Dashboard und in Berichten dargestellt. 

Die auf nationaler Ebene gemeldeten Daten wurden von den zuständigen Trusts und privaten Versorgern für Benchmarking, Qualitätssicherung und zu Verbesserungszwecken verwendet. Beispielsweise hat der Northumbria NHS Foundation Trust Ursachen für unterdurchschnittliche Ergebnisse im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz identifiziert. Inzwischen hat der Trust mehrere Studien initiiert und seine Verfahren entsprechend angepasst. Eine dieser Verbesserungsmaßnahmen bestand darin, PROMs vor Ort für Chirurgen zugänglich zu machen. Darüber hinaus wurden chirurgische Verfahren in PDCA-Zyklen angepasst, um die Qualität der Versorgung und damit die PRO-Ergebnisse zu verbessern (Partridge et al. 2016). Das NHS Partners Network unabhängiger Gesundheitsversorger (privater Leistungserbringer) analysierte die Ergebnisdaten, die von NHS Digital für den Zeitraum April 2016 bis März 2017 herausgegeben wurden (veröffentlicht im März 2018). Der durchschnittliche bereinigte Gesundheitsgewinn laut PROMs zum Beispiel beim Oxford Knee Score war bei unabhängigen (privaten) Krankenhäusern etwas besser als bei öffentlichen. Daher stellen die privaten Leistungserbringer dem öffentlichen Sektor jetzt Informationen über mögliche Qualitätsverbesserungen zur Verfügung (IHPN 2019). Die Genauigkeit dieses Direktvergleichs wird jedoch durch die Unterschiede zwischen den Patientengruppen, die jeweils öffentliche bzw. private Anbieter in Anspruch nehmen, beeinflusst. 

Mehrere Versorger und Versorgungsnetze verwenden PROMs in weiteren Indikationsgebieten für das Shared Decision Making. So wurden etwa bei King‘s Health Partners London verschiedene PROMs in das Programm für psychische Gesundheit integriert. In einer ersten Studie soll erforscht werden, auf welche Weise PROMs Patienten und Kliniken den größtmöglichen Nutzen bringen und darüber hinaus eine laufende Verbesserung sowie Weiterbildung fachübergreifender Teams ermöglichen können. 

Darüber hinaus werden PROMs von Registern wie dem National Joint Registry (NJR) erfasst. NJR startete das PROMs-Programm für Schulteroperationen 2017; 2019 wurde eine dreijährige Nachbeobachtung eingeleitet. NJR empfängt zudem die Daten von NHS Digital, bündelt diese und beauftragt Northgate Public Services (UK), Operateuren im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz in Berichten die gebündelten PRO-Ergebnisse zurückzuspielen. Im Jahr 2018 wurde die Einrichtung einer NJR-Arbeitsgruppe zu PROMs beschlossen. Für die Zusammenführung von Daten und den Zugang zu Angaben von Chirurgen ist eine Zusammenarbeit mit NHS Digital geplant. So sollen die Optionen für die Qualitätsverbesserung erweitert werden. Es gibt noch weitere Register wie das UK Bone and Joint Infection Registry, in denen PROMs-Ergebnisse über viele Jahre nachverfolgt werden. Ziel ist die Erforschung optimaler Behandlungspfade für Patienten. 

Eine gesonderte Plattform, NHS Choices, ermöglicht einen Vergleich zwischen Leistungserbringern anhand von PRO-Daten für ausgewählte Verfahren. Patienten werden weiterhin mithilfe eines Vergleichsportals informiert, jedoch sind PRO-Daten inzwischen aus der Kriterienliste entfernt worden. Allerdings werden Krankenhaus(qualitäts)daten, einschließlich PROMs, vereinzelt auf Versorgerebene online veröffentlicht. Da diese Daten an verschiedenen Stellen und in verschiedenen Formaten veröffentlicht werden, ist eine Vergleichbarkeit der Versorger für Patienten jedoch schwierig. 

Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten der PRO-Daten-Erfassung und -Verwendung finden in England statt. Außerdem erheben mehrere Trusts große Mengen von PRO-Daten in verschiedenen Indikationsgebieten. Das betrifft etwa den Northumbria Trust, in dem PROMs für 80 verschiedene Verfahren erfasst und als Entscheidungshilfe für die Versorgung einzelner Patienten sowie die Berichterstattung an Register herangezogen werden. Die Collaboration for Leadership in Applied Health Research and Care (CLAHRC) Oxford prüft die Entwicklung eines neuen Fragebogens für chronische und Mehrfacherkrankungen. Der Wellcome Trust untersucht, wie Patienten in sinnvoller Weise an der Nutzung ihrer Daten beteiligt werden können. 

Darüber hinaus werden in England ergebnisorientierte Vergütungsmodelle im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz umgesetzt. Aktuell verlieren Krankenhäuser etwa zehn Prozent ihrer Einnahmen, wenn sie bestimmte Kriterien nicht einhalten und ihre Werte um mehr als drei Standardabweichungen unter dem landesweiten Durchschnitt liegen. Die Kriterien umfassen: eine PROMs-Teilnahmequote von 50 Prozent, eine NJR-Compliancequote von mindestens 85 Prozent, die Verwendung von zementierten Prothesen oder Hybridprothesen bei mindestens 80 Prozent der Patienten sowie eine Quote des unbekannten Einwilligungsstatus von unter 15 Prozent. 

Herausforderungen 

Innerhalb des Vereinigten Königreichs wie auch weltweit war England das erste Land, in dem auf nationaler Ebene ein obligatorisches Berichterstattungssystem für PROMs umgesetzt wurde. Der Top-down-Ansatz hat nicht unmittelbar zu einer breiteren Verwendung auf Versorgerebene geführt, um Leistungen zu verbessern. Experten äußerten Bedenken, ob die Art der Ausführung der nationalen Auflage weiterhin innovative Impulse bei der Entwicklung, Umsetzung und Verwendung von PROMs zulässt (NHS England 2017). Die Diskussion über die Systemaspekte, die einer Verbesserung bedürfen, läuft deshalb weiter. Anpassungen des nationalen Ansatzes werden durch den fortwährenden Umbau und Wechsel der Zuständigkeiten bei Akteuren im englischen Gesundheitssystem behindert. Von daher war es schwierig, das politische Engagement für eine Verbesserung und Erweiterung des PROMs-Programms aufrechtzuerhalten. Die Expertenanhörung 2016 zeigte zudem viele Hürden für eine erfolgreiche PROMs-Nutzung auf. Möglicherweise haben diese die anfängliche politische Begeisterung und den Willen, dieses Thema als Priorität zu behandeln, abgeschwächt. 

Aufgrund der Zentralisierung des Gesundheitssystems wird die Dateninteroperabilität einerseits als recht fortgeschritten wahrgenommen. Andererseits wurde die Interoperabilität als eine zentrale Herausforderung in England für den erfolgreichen Einsatz von PRO-Daten zum größtmöglichen Nutzen von Patienten angegeben. Dazu gehören der Datenaustausch zwischen Krankenhäusern und Primärversorgern sowie die Verwendung von NHS-England-Daten im Versorgerumfeld und im Zusammenhang mit Registerdaten. NHS England liefert Daten zurzeit in Form einer CSV-Datei. Krankenhäuser müssen die Datei in einem langwierigen und komplizierten Verfahren mit den lokalen Patientendaten verknüpfen, um die Daten von NHS England verwenden zu können. 

Die potenzielle Verbesserung der Qualität der Gesundheitsversorgung mithilfe von PROMs wird zwar als besonders wertvoll eingeschätzt, aber eine zeitnahe Nutzung von PROMs im klinischen Umfeld wird durch die derzeit anonyme, langsame und papiergestützte nationale Datenerhebung nicht unterstützt (NHS England 2017). Zudem bezweifeln Experten wie Tom Foley von NHS Digital und Beteiligte der NHS-Anhörung, dass das aktuelle PROMs-Dashboard die Informationen anzeigt, die Leistungserbringer und Patienten für eine verbesserte Versorgung tatsächlich benötigen. Hindernisse beim Zugang und bei der Interpretation gehen mit Fragen einher, wie auf gemeldete Daten zu reagieren ist. Das ist teilweise auf einen fehlenden Detaillierungsgrad und die verzögerte Berichterstattung vollständiger Datensätze zurückzuführen. Die Ermittlung einer Problemursache ist daher kaum über die PROMs-Berichterstattung möglich und muss stattdessen in darauffolgenden Untersuchungen gesondert erfolgen. Aufgrund einer anfänglichen Verzögerung bei der Veröffentlichung vollständiger PRO-Daten geben die Informationen nicht unbedingt die klinische Realität zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Seit der Expertenanhörung 2016 wurden bereits einige Anpassungen vorgenommen, etwa eine Verkürzung der Fristen für die Berichterstattung. Verschiedene Hindernisse gilt es aber noch zu bewältigen. Abgesehen von diesen in der Expertenanhörung angesprochenen Problemen haben die nationalen Standards die Datenerfassung auf Versorgerebene dennoch im positiven Sinne beeinflusst. Es wurden zum Beispiel infolge der nationalen Standards mehre Bottom-up-Initiativen implementiert, in denen die PROMs-Anwendung im klinischen Behandlungspfad (insbesondere im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz) integriert wurde.  

In Bezug auf die Fragebögen selbst wurde die papiergestützte Erfassung als Hindernis für eine hohe Teilnahmequote angegeben. Das gilt besonders für den Folgefragebogen, den Patienten zu Hause ausfüllen müssen. Der EQ-5D galt als zu allgemein, um Ärzten als Entscheidungsgrundlage zu dienen oder die klinische Leistung bemessen zu können. Einige Experten kritisierten die Menge der Fragen und hoben hervor, dass manche Patienten den Fragebogen aufgrund niedriger Gesundheitskompetenz oder aufgrund sprachlicher oder kultureller Barrieren nur schwer verstehen und ausfüllen können (NHS England 2017). 

Erfolgsfaktoren 

Die interviewten Experten aus England geben folgende wesentliche Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von PROMs in verschiedenen Formen an: kontinuierliche Vorreiterrolle der Kliniken, gepaart mit einer nationalen wie regionalen Politik, die Kohärenz ermöglicht und die Erhebung und Verwendung von PRO-Daten auf Versorgerebene unterstützt sowie das öffentliche Vertrauen in das Datensystem aufbaut und finanzielle Anreize setzt. 

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen in England wurde die landesweite PRO-Erfassung im Bereich Hüft- und Knieoperationen allgemein als Erfolg bewertet, allerdings mit einigem Anpassungsspielraum. Die hohe Krankheitsprävalenz und Beispiele für die gelungene Nutzung anfallender Daten wurden als Gründe für die Fortsetzung des nationalen PROMs-Programms durch NHS England im Jahr 2017 angegeben. Beispiele sind verbesserte chirurgische Versorgung (NHS Northumbria), verbesserte Behandlungspfade (Circle Bath Hospital), bessere Patientenaufklärung und -entscheidung (NHS Vale of York) und Anpassung der Rehabilitationsleistungen (Barnsley Hospital NHS Foundation Trust). Zu den Weiterentwicklungen in naher Zukunft gehören wahrscheinlich eine Erweiterung der Indikationsgebiete von Hüft- und Kniegelenkersatz um Krebs und chronische Krankheiten sowie eine Digitalisierung des Aufzeichnungsverfahrens. Mehrere Versorger erproben die Digitalisierung der PRO-Erfassung und Verwendung. In Pilotprojekten wie HealthUnlocked Tracker im Royal National Orthopaedic Hospital Stanmore werden Online-PROMs-Instrumente für die Analyse von PROMs und des Gesamterfolgs der Behandlung getestet. Die Plattform zeigt Ärzten wie Patienten grafisch aufbereitete Daten an. Zudem zeigt sich im Nachbarland Wales ein breites Spektrum an Bottom-up- und nationalen PRO-Initiativen als Teil des dortigen Prudent Healthcare-Programms, die auch Inspirationen für den englischen Ansatz bieten. 

Laut Joseph Casey, Leiter des VBHC-Programms bei King‘s Health Partners London, sind Aufklärung und Schaffen von Vertrauen in der Öffentlichkeit Kernkomponenten für die Entwicklung der Digitalisierung und Dateninteroperabilität. Diese Einschätzung berücksichtigt frühere, erfolglose Versuche in England in diesem Bereich. Professor Mike Reed vom Northumbria Healthcare NHS Foundation Trust sagt, dass die finanziellen Anreize für die Erfassung und das Erreichen von PRO-Zielwerten besonders dazu beigetragen haben, die Erhebung von PROMs sowie darauf beruhende Qualitätsanpassungen bei Versorgern zu fördern. Parallel dazu zeigt sich ein Trend zu einer stärker regional ausgerichteten Organisation des Gesundheitssystems in Anlehnung an die Entwicklung in Schottland und Wales. Auch eine stärkere Schwerpunktsetzung auf Accountable Care Organizations (ACO) ist festzustellen. Aufbauend auf den erfolgreichen Pilotprojekten und dem Einsatz von PRO-Daten im Bereich Hüft- und Kniegelenkersatz könnten folgende Kernziele für England abgeleitet werden: Erweiterung der Verantwortlichkeiten vor Ort und Verbesserung der Nutzbarkeit der Daten. Auf diese Weise soll die Verwendung von PROMs für den Patientennutzen maximiert werden. Weitere Erfolgsstrategien sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: 

Herausforderungen der Umsetzung  Erfolgsfaktoren 
Einsatz von PROMs zur Verbesserung der Versorgung: Verwendung auf Versorgerebene variiert stark und ist generell gering  » Lokale Interessen sollten Impulsgeber für das nationale Programm sein, z.B. durch größere lokale Verantwortlichkeiten für die Erfassung, Sofortzugang zu den eigenen Daten vor Freigabe zur Zusammenfassung auf Landesebene. 

» NHS England hat zugestimmt, gemeinsam mit NHS Digital die Nutzung nationaler PRO-Daten zu vereinfachen und Analyseergebnisse zu liefern, die auf den Bedarf der Akteure zugeschnitten sind. 

PROMs als Erfassungsinstrument: nicht detailliert genug, um die Ursachen von Problemen zu erkennen oder Probleme zu benennen, die für Patienten tatsächlich relevant sind  » An sieben Standorten in ganz England wird ein neuer Ansatz erforscht: patientenzentrierte Erfassung von Behandlungsergebnissen (Patient-Centred Outcome Measures, PCOM). Dieses System ermöglicht Patienten bzw. Familien/Betreuungspersonen, Gesundheitsprobleme und deren Auswirkungen auf die Lebensqualität selbst zu benennen, zu beschreiben, nach Bedeutung einzuordnen und im Zeitverlauf zu beobachten. 

» Auch ein narrativer Ansatz ist ins Spiel gebracht worden, um mehr Details zu erfassen und Patienten Raum für eine freie Schilderung ihnen wichtiger Anliegen zu geben.  

Art der Erfassung und Aktualität der Daten: papiergestützt  » Routinemäßige elektronische Erfassung. 

» In Pilotstudien wurden verschiedene Apps und Onlineportale eingesetzt, die Potenziale für eine breitere Anwendung zeigen. 

Fragebogen: Der EQ-5D hängt zu stark von anderen Faktoren ab und ist zu allgemein  

 

Patienten werden zu viele Fragen vorgelegt 

» Beibehaltung des EQ-5D für krankheitsübergreifende Vergleiche, gleichzeitig jedoch Hinzunahme krankheitsspezifischer Messgrößen (insbesondere für komplexere Krankheitsbilder) wie z.B. Oxford Hip and Knee. 

» Integration von PROMs und PREMs, damit Patienten nicht zu viele Fragebögen oder Feedbackformulare ausfüllen müssen. 

» Integration von Fragebögen für Patienten mit Mehrfacherkrankungen und chronischen Krankheiten. 

Niedrige Gesundheitskompetenz führt dazu, dass Patienten die Fragebögen nicht verstehen oder nur teilweise bzw. gar nicht ausfüllen  In einer schottischen Studie wurden folgende Abhilfen identifiziert (Health Improvement Scotland, o.D.): 

» größere Schrift und Markierungsfelder 

» freie Wahl des Ortes zum Ausfüllen des Fragebogens 

» ruhige Umgebung 

» Hilfestellung beim Ausfüllen 

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